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Zur Einleitung:
Hier wollen wir Leute, od. vielmehr Persönlichkeiten aus der Geschichte vorstellen, die uns aus verschiedenen Gründen bemerkenswert, interessant od. ungewöhnlich erschienen.
Manche von ihnen sind sehr bekannt, andere kennt heute niemand mehr; manche gelten als Heilige, andere als klassische Bösewichte, und einige von ihnen werden heute für ganz andere Dinge gepriesen (bzw. verdammt) wie zu ihren Lebzeiten.
Sie alle haben aber gemeinsam, daß sie ganz "anders" sind, als man es erwarten würde, und daß es sehr interessant war, sich mit ihnen auseinanderzusetzen ... und daß sie uns gezeigt haben, daß sowohl "Heiliger" als auch "Bösewicht" ein sehr relativer Begriff sein kann.
(Dieses Glasgemälde aus der Kathedrale von Worchester ist zwar nicht einmal annähernd authentisch, es illustriert das Wesen dieses Mannes aber besser als so manche zeitgenössisch Darstellung).
Seine Geschichte ist wie ein Roman: er wurde von seinem Freund, dem König, zum mächtigsten Mann im Land gemacht - und kämpfte in dieser Position aus Gerechtigkeitssinn und Pflichtbewußtsein gegen seinen alten Freund, der ihn dafür umbringen ließ.
Nun, über die Ziele, für die er da so kämpfte, kann man streiten. Was bis heute aber faszinierend ist und bleibt, ist die Menschlichkeit, die dieser Mann in diesem Konflikt bewies, seine impulsive Art, sein Sinn für Fairness & sein Mut. Das alles ließ ihn zu einem Vorbild für das ganze Mittelalter & darüber hinaus werden: ein Mann, der aufsteht, der seine Meinung sagt, und dies bis zur letzten Konsequenz, ein Mann, der zeigt, daß es anders auch geht, daß man etwas erreichen kann & daß es nicht nur möglich, sondern sogar legitim ist, zu seiner Meinung zu stehen.
Die Menschen im Mittelalter verehrten ihn dafür & waren stolz auf "ihren" Thomas von Canterbury, wie er nach seinem Bischofssitz genannt wurde; für Heinrich VIII war er dagegen noch Jahrhunderte nach seinem Tod Staatsfeind Nr. 1. Was heute von ihm bleibt, ist eine Kerze über seinem Grab ... und die Erinnerung an eine große Persönlichkeit, die kein König je auslöschen konnte.
Vielleicht war er ja wirklich ein Heiliger, wie inzwischen sogar die anglikanische Kirche voller Stolz meint. Ein faszinierender Mensch, der in vielen Zügen ganz unglaublich "heutig" wirkt, war er auf alle Fälle.
MARQUIS DE LAFAYETTE
(Frauenliebling, Reformer, Politiker & vor allem klassischer Revolutionär; 6. Sept. 1757 - 20. Mai 1834).
(Ein Jugendbildnis des Revolutionärs, das leider nicht seine vielbewunderten roten Haare zeigt).
Der revoluzzerische Marquis hatte es in der Geschichtsschreibung nicht leicht: die meisten Schreiberlinge grinsen gern ein wenig über ihn - teils neidisch wg. seines nachweislichen Erfolges bei den Frauen seiner Zeit, teils spöttisch wg. seiner ebenfalls nachweislichen Fehlschläge & Reinfälle in der französischen Revolution, die er doch so begrüßte.
Aber, wie es ein kluger Mann ausdrückte: es mag vielleicht leicht sein, über den Marquis zu lachen, es ist aber gar nicht leicht, ihn nicht zu bewundern. Denn seine Ehrlichkeit, sein Enthusiasmus und vor allem sein Idealismus sind & bleiben bewundernswert - sie waren keine Pose, sie waren sein Leben.
Und dieser Ideale ließen ihn sehr aktiv werden, wenn er sich auch nie in den Vordergrund drängte: er war im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg sehr aktiv, unterstützte Thomas Jefferson bei der Abfassung der Unabhängigkeitserklräung & brachte vor allem die drei "Völker" Amerikas, nämlich Weiße, Schwarze & Indianer als gleichberechtigte Verhandlungpartner an einen Tisch. Auch während der Revolution in Frankreich setzte er auf Verhandlungen, nie auf Gewalt, er versuchte nie, Macht an sich zu reißen & verkaufte auch seine Ideale niemals - er ging für diese sogar ins Gefängnis.
Mit dieser Haltung hat er vielleicht nie soviel erreicht, wie er eigentlich wollte. Aber er ist sich selber treu geblieben & hat damit gezeigt, daß große Worte und große Taten manchmal wirklich übereinstimmen können.
MARSCHALL BERNADOTTE / KARL XIV. JOHANN VON SCHWEDEN
(Ein Jugendbildnis des vielschichtigen Mannes, noch als Kämpfer für die Revolution).
Der gute Marschall ist eine eigenartige, im Grunde undurchsichtige Gestalt: er begann seine Karriere als Revolutionär, als Kämpfer gegen Königtum und Tyrannei und beendete sein Leben selber als König, also als Galionsfigur des Establishments, das er einst bekämpft hatte.
Auffällig daran ist freilich, daß er in allen seinen Phasen seines Lebens durchaus ehrlich & gradlinig wirkt: sein Kampf an Seite der Revolutionäre wirkt ebenso überzeugend wie seine spätere Regentschaft. Gerade als König von Schweden setzte er viele der Dinge & Ideale durch, für die er in seiner revolutionären Jugend gekämpft hatte, von denen das nachrevolutionäre Frankreich inzwischen aber meilenweit entfernt war.
Nun, es ist nicht alles Gold was glänzt, wir werden alle älter & weise ... und aus jungen Revolutionären werden alte Systemerhalter. Vielleicht ist es ja gerade diese Binsenweisheit, die auch der gute Bernadotte gelernt hatte. Vielleicht hat er aber auch nur eingesehen, daß sich Ideale zwar nicht ändern, aber doch den Zeiten & Umständen anpassen.
Und diese Ambivalenz in seinem Wesen macht ihn bis heute so faszinierend und menschlich.
DEGANAWIDA
(Zur Legende hochstilisierter Politiker & Friedensbringer; um 1450 od. nach anderen Quellen um 1550 / 1600).
(Es gibt natürlich keine zeitgenössische Darstellung des großen Mannes & auch bezüglich seiner Herkunft ist man sich nicht ganz sicher; wie dieser Krieger könnte er aber ein Irokese gewesen sein).
Die Völker Nordamerikas hatten vor der Ankunft der Europäer keine Schriftkultur, sie verwendeten ihre Piktogramme nicht zum Niederschreiben der Ereignisse - und trotzdem haben die die Erinnerung an einen großen Mann bewahrt, der vielen Völkern den Frieden brachte & einen neuen Lebensstil lehrte.
Sie nannten ihn den "Großen Friedensbringer"; später hieß es, sein Name wäre Deganawida ("Zwei Ströme, die sich treffen") gewesen, aber das könnte auch eine Art Ehrentitel gewesen sein. Was dieser Mann leistete, war nämlich enorm: er konnte die tödlich verfeindeten Clans der Irokesen nicht nur miteinander versöhnen & sie so zu einem einzigen, mächtigen Volk machen, er gab ihnen auch ihre wahrhaft demokratische Verfassung, laut der jedes Stammesmitglied gleich ist & auch Frauen ein Stimmrecht haben; & obendrein sollen auf seinen Einfluß hin sowohl Menschenfresserei als auch Menschenopfer abgeschafft worden sein.
Ein Mann wie dieser geht natürlich sehr rasch von der Geschichte in die Legende ein, uns so bildeten sich auch um den historischen Deganawida bald viele Legenden. So soll er von einer Jungfrau geboren worden sein, & er war angeblich so göttlich, daß selbst seine Arme & Haare noch eigene Götter waren.
Aber hinter all diesen Legenden steht nicht nur eine fromme Überlieferung, sondern ein Mann, der wirklich gelebt hat, und dessen Leistungen auch die verblüfften Weißen anerkennen mußten. Freiheit & Demokratie sind nämlich weder ihre Erfindung noch ihr Eigentum, und einen Mann wie diesen konnten sie auch nie aufweisen - denn an welchen anderen Politiker erinnert man sich sonst noch Jahrhunderte nach seinem Tod, ohne irgendwelche Aufzeichnungen zu haben?
ANNA VON KLEVE
(Ungeliebte, glückliche Königin; 22. Sept. 1515 - 16. Juli 1557).
(Das Hochzeitsporträt der "flandrischen Mähre", wegen dem der Hofmaler Hans Holbein, der sie angeblich "zu schön" dargestellt hatte, seinen Posten verlor).
Als sie als Braut Heinrichs VIII nach England kam, war der gute König wg. seines Frauenverschleißes schon in halb Europa berühmt-berüchtigt & versuchte sich daher, sich durch diese Heirat bei den dt. Protestanten anzubiedern. Aber seine politisch so wertvolle Braut gefiel dem alten Lustmolch nicht, er konnte die Ehe nie vollziehen & war schon ein halbes Jahr später von der "flandrischen Mähre", wie er seine Angetraute (angeblich) in aller Öffentlichkeit nannte, wieder geschieden, um die blutjunge, willige Catherine Howard zu heiraten - und kurz später hinrichten zu lassen.
Anna-die-Ungeliebte blieb aber in England, wo sie auch ein Schloss nebst Grundbesitz zugeteilt bekam - auf dem sie erst mal tief Luft holte, um dann erst so richtig zu leben zu beginnen. Hier war keine Familie, die sie schikanierte & kein Mann, dem sie gefallen mußte - und Anna führte ein wunderbares, freies Leben wie nur wenige andere Frauen ihrer Zeit & ihres Standes, das sie auch sehr offensichtlich genoß. Ihr kleiner, fröhlicher Hof galt als eine Insel des Friedens & der Heiterkeit in diesen unruhigen Zeiten.
Und Anna machte sich nicht nur ein gutes, zufriedenes Leben, sie ließ auch andere daran teilhaben: so hat sie sich mit ihren beiden so unterschiedlichen Stieftöchtern sehr gut verstanden & soll sie wie kleine Schwestern behandelt haben; & ihre Freundlichkeit ihrem Personal gegenüber war ebenso ungekünstelt wie legendär.
Als sie starb, wurde sie nicht nur von ihren Stieftöchtern bitter beweint: es hieß allgemein, daß sie einer der wenigen glücklichen, rundherum mit ihrem Leben zufriedenen Menschen im England ihrer Zeit gewesen sein soll - daß das aber daher kam, daß sie auch völlig unabhängig war, haben aber wohl die wenigsten durchschaut ...
(Ein zeitgenössisches Bild in zeitgenössischer Heldenpose).
Henri de Latour d'Auvergne, wie der Mann mit vollem Namen hieß, war seinerzeit eine richtige Berühmtheit: er galt als genialer Taktiker & größter französischer Heerführer vor Napoleon, der dazu beitrug, daß Frankreich eine Großmacht wurde. Jahrhundertelang studierten Feldherren -auch & gerade von gegnerischen Staaten- seine Feldzüge, um draus etwas für die ihren zu lernen.
Heutzutage sind wir zwar auch nicht klüger, aber man betreibt strategische Sandkastenspiele wenigstens nicht aus reinem Spaß an der Freud. Und der gute General ist daher fast völlig vergessen.
Fast - aber nicht ganz. Was in den zeitgenössischen Berichten nämlich neben seinen Fähigkeiten als Kriegsherr immer wieder besonders hervorgehoben wurde, war seine Menschlichkeit, die Sorge um seine Truppen & um die Schicksale seiner Leute, die für ihn nicht nur bloß Figuren in einem Spiel waren. Das war zu seiner Zeit nicht selbstverständlich & ist es heute im Grunde auch nicht.
Und diese Berichte darüber, wie liebevoll er sich um seine Leute kümmerte, haben die Zeiten überdauert & zumindest die Spur einer Erinnerung an den großen General wachgehalten ... was ihm, dem stets freundlichen Mann, vielleicht sogar lieber wäre als die Erinnerung an seine große Siege.
KAISER AUGUSTUS
(Eiskalter Machpolitiker & klassischer Friedensfürst; 23. Sept. 63 v. Chr - 19. Aug. 14 n. Chr)
(Das klassische & wahrscheinlich authentischste, wenn wohl auch geschönte Bildnis des großen Mannes).
Kaiser Augustus, alias Gaius Octavius Thurinus, genannt Octavianus bzw. Augustus ist eine eigenartige, sehr ambivalente Gestalt in der römischen Geschichte.
Die ersten Aussoziationen mit seinem Namen sind wohl die des sanften Friedensfürsten, zu dessen Regierungszeit noch dazu die so romantische Weihnachtsgeschichte spielt. Beschäftigt man sich aber nur ein wenig mit ihm, so stößt man sofort auf den eiskalten, skrupellosen Machtpolitiker, der seine besten Freunde & sogar seine eigene Familie gnadenlos verkaufte, nur um an die Macht zu kommen & dort auch zu bleiben. Ihm war sehr wenig bis gar nichts heilig, und Grenzen kannte er keine.
Seine Rechnung ist aber aufgegangen - mit seiner absolut skrupellosen Politik hat er die römische Republik endgültig ruiniert, den Despotismus wieder eingeführt & sich selber zum ersten Despoten, sprich Kaiser gemacht ... und Rom dadurch eine jahrzehntelange Friedensperiode, eine wahrhaft "Goldene Zeit" beschert. Die nach ihm benannte "Pax Augustaea" ist nämlich keine Legende - so skrupellos er auch regierte, den Menschen ging es sehr gut unter seiner Herrschaft.
Und das ist vielleicht die große Tragödie des Kaisers Augustus: der Tyrann brachte seinem Reich den Frieden & den Wohlstand, den die freie Republik nicht mehr gebracht hatte, und es gab keinen Grund mehr, sich nach persönlicher Freiheit zurückzusehen. Als es die Menschen unter anderen, weniger kompetenten Kaisern doch taten, war es schon zu spät ...
ANTONIO MORENO
(Filmpionier und -held; 26. Sep. 1887 - 15. Feb. 1967)
(Eines der Fotos aus der Glanzzeit des Leinwandhelden).
Auch wenn ihn heute kaum wer noch kennt, so war der Spanier Antonio Moreno nicht nur der (angeblich) erst "Latin Lover" der Filmgeschichte, sondern in der 20ern auch ein Pionier in seinem Medium: die Filme, die er u.a. mit der jungen Greta Garbo drehte, waren für ihre Zeit gewagt, progressiv & vor allem ungewöhnlich. Der Tonfilm beendete allerdings wie bei so vielen anderen auch seine Karriere; daß er später in Mexiko noch weitere, sehr ambitionierte Filme drehte, war schon zu seinen Lebzeiten wenig bekannt.
Aber diese Tragik eines Pioniers war es gar nicht, die uns auf ihn aufmerksam machte. Wir stolperten vielmehr durch Zufall über seine Autobiographie, die in ihrem wortreichen Schwulst ebenso witzig wie rührend ist, und die man einem braven, etwas verträumten Bürgerssohn wohl eher zutrauen würde als einem rebellischen Schauspieler ...
... und die auch mit der Realität nur bedingt übereinstimmt. Sie endet nicht nur vor seiner Auswanderung nach Amerika; die idyllische Schilderung seiner Familie trifft die Wirklichkeit angeblich ebensowenig wie die rührende Geschichte seiner ersten Liebe.
Was ist in unserem Leben Realität, was sind nur unsere Träume & Phantasien, die wir uns über uns selber zusammenspinnen? Antonio Moreno wußte das wohl genauso wenig wie jeder andere, aber er hatte mehr Chancen, diese Träumereien auszuleben.
(Ein zeitgenössisches Portrait des Dichters - noch authentisch, aber schon "heldenhaft").
Ja, jeder von uns kennt der alten Schiller, der uns in der Schule mit endlosen Balladen ("Die Bürgschaft", "Die Glocke" u.ä.) zu Auswendiglernen beglückte, und dessen Stücke wir mit verteilten Rollen lesen durften, obwohl die wenigsten von uns den gebührenden Ernst dafür aufbrachten. Schulkinder haben da eben andere Prioritäten.
Sieht man aber hinter die Fassade des literaturhistorischen Nationalhelden, so stößt man auf einen sehr weichen, sehr gradlinigen und vor allem sehr feinen Mann, der trotz seiner unglaublichen Begabung nie dem "Geniekult" seiner Zeit huldigte - ganz im Gegenteil, selbst zur Zeit seines größten Ruhmes blieb er ein ruhiger, zurückhaltender, manchmal vielleicht ein etwas typisch-deutsch-pingeliger, manchmal aber ein fast gehemmt und schüchtern wirkender Mensch.
Und gerade dieses so menschliche, so gar nicht "dichterfürstenhafte" Auftreten läßt ihn heute viel zugänglicher wirken als so viele seiner Zeitgenossen und Mit-Genies, und auch in seinen Werken merkt man, wie ernst ihm diese Ideale und Anliegen waren, die er da so wortgewaltig besang od. in Szene setzte.
Nun, niemand kommt als "Klassiker" zur Welt. Aber bei manchen Menschen kann man nachvollziehen, wie sie dazu geworden sind. Und was die Nachwelt aus einem macht, dafür kann keiner was.
DARIUS III.
(Herrscher des Perserreiches & glückloser Gegner Alexanders des Großen; um 380 - 330 v.Chr.)
(Zeitgenössische Bilder des Großkönigs gibt es keine mehr; dieses ist einer viel späteren arabischen Chronik entnommen).
Geschichte wird meistens von den Siegern geschrieben - und es war daher immer schon eine leichte Übung, Darius III, jenen Perserherrscher, der von Alexander dem Großen geschlagen wurde, zum Tyrannen zu verteufeln und zum klassischen Verlierer abzustempeln. Sein Regime wäre so tyrannisch gewesen, daß es ja nur gestürzt werden konnte, so lautet die allgemein gängige Meinung -
- die natürlich, wie so oft, viel zu einfach ist, um auch wahr zu sein.
Es ist natürlich schwer, nach so langer Zeit den Charakter eines Mannes in seiner Position, über den es nur Berichte von seinen Feinden gibt, zu durchleuchten. Auch die feindlichsten Quellen betonen aber, wie sehr er sich bemühte, sein Reich, das schon von seinen Vorgängern ruiniert wurde, zu vereinen und zu halten versuchte & wie sehr er versuchte, Ungerechtigkeiten auszumerzen, um den Menschen den Glauben an ihr Land wiederzugeben.
Er ist mit seinen Ideen und Zielsetzungen gescheitert, aber auch wohl deswegen, weil er zu wenig Zeit hatte. Und auch Alexander, der "strahlende Sieger", war nicht erbaut darüber, das sein Gegner von Opportunisten aus den eigenen Reihen umgebracht wurde, und daß seine eigenen Leute in ihrem suff Persepolis anzündeten und so dem Erdboden gleichmachten.
Aber er konnte es nicht verhindern. Und wie so viele andere Eroberer weinte er später um das, was er zerstört hatte ...
(Komm. Laura: So eine Sauerei!!!)
(Komm. Wanda @ Laura: Das musste jetzt aber sein, oder?)
FLORENCE NIGHTINGALE
("Erfinderin" der Krankenschwestern & Kämpferin gegen Vorurteile; 12. Mai 1820 - 13. Aug. 1910)
(Ein Bild der mutigen Frau in reiferen Jahren, als sie es schon geschafft hatte).
Nun, jeder von uns kennt Krankenschwestern od. hat schon einmal mit ihnen zu tun gehabt - ohne sie liefe in der modernen Medizin & Krankenpflege einfach gar nichts. Daß Frauen seinerzeitig aber als zu schwach, zu hysterisch & einfach als zu dumm für einen Beruf wie diesen abgestempelt wurden, daran erinnert sich heute keiner mehr.
Die gute Florence, die diesen Beruf eigentnlich "erfand" & ganz nebenher mit den Vorurteilen ihrer Zeit aufräumte, war nun ein braves, "besseres" Töchterchen aus einer braven, viktorianischen Familie. Und vielleicht konnte sie gerade deshalb den tonangebenden Leuten ihrer Zeit so gut die Stirn bieten, weil sie eine von ihnen war & ihre Sitten & Kleinlichkeiten nur zu gut kannte.
Die Widerstände, die sich ihr & ihren Mitarbeiterinnen entgegenstellten bzw. die man ihnen entgegenstellte, waren gigantisch, die die offene Bösartigkeit, mit der man diese Frauen anfangs verfolgte, ist heute kaum mehr nachzuvollziehen.
Florence ging aber ihren weg, ebenso damenhaft wie unbeirrbar. Und sie war letztenends erfolgreich damit: nachdem sie im Krimkrieg mit ihren Mädels die Verwundeten beider Seiten pflegte, war sie zur nationalen Heldin, die man ernstnahm & der man nichts mehr abschlug. So sehr ihr dieser Triumph auch zu gönnen ist: ihre "wirklichen" Siege, nämlich die über Vorurteile & Intoleranz, hatte sie da schon längst errungen ...
HOWARD PHILLIPS LOVECRAFT
(Eigenbrötler, Lokalpatriot, Dichter sowie solcher "Erfinder" des modernen Horrors; 20.Aug. 1890 - 15.März 1937).
(Ein zeitgenössisches Foto dieses so eigenartig alterslos wirkenden Mannes).
Er galt als der "Einsiedler von Providence", weil er sehr zurückgezogen lebte & sich in seinem abgelegenen Wohnsitz den Dingen widmete, die er wirklich liebte. Und das waren seine neuenglische Heimat und die Literatur und Dichtung des 18. Jahrhunderts: in diesem Stil Gedichte zu schreiben war seine liebste Freizeitbeschäftigung.
Trotz seiner freigewählten Zurückgezogenheit soll er sehr liebenswert & hilfsbereit gewesen sein, wie seine Freunde, für die er in jeder Lebenslage da war, immer wieder betonten. Auch zu seiner Frau hatte er Zeit seines Lebens ein sehr gutes Verhältnis, obwohl od. vielleicht gerade weil die beiden größtenteils getrennt lebten.
Aber geglaubt hat er an gar nichts, weder an belohnende Götter noch an bestrafende Teufel.
Und, trotzdem ---
--- trotz seines Atheismus, der auch von allen seinen Freunden bestätigt wird, konnte er sich dem Phänomen des Bösen nicht entziehen. Es war da & entsetzte ihn trotz seines Unglaubens & es gab für ihn kein Entrinnen.
Und dieses Böse, an das er nicht glaubte & das ihn doch so entsetzte, hat er in seinen Erzählungen genial, düster & unnachahmlich dargestellt & sich damit wohl seine Ängste, die sein rationales Hirn nicht zulassen wollte, von der Seele geschrieben. Aber nicht nur seinen Zeitgenossen sondern uns allen hat er damit aufgezeigt, was es mit dem Schrecken auf sich hat, der uns trotz unserer aufgeklärten & abgebrühten Seelen den Verstand raubt - das Böse ist eine zerstörerische Wirklichkeit, der man sich nicht entziehen kann, egal wie wir selber dazu stehen. Und gerade diese bittere Botschaft macht seine Erzählungen trotz ihrer oft fragwürdigen literarischen Qualitäten so beeindruckend, so unvergesslich & so erschreckend modern ...
ZITA VON LUCCA
(Dienstmädchen & begnadete Köchin, später Heilige & Rollenvorbild; 1218 - 27. April 1278).
(Ein Bild aus einem spätmittelalterlichen Stundenbuch, das die kleine Heilige ganz ungewohnt beim Lesen darstellt).
Sie lebte im mittelalterlichen Lucca ein Leben, wie es damals viele Frauen in ganz Europa lebten: sie putze & kochte für eine reiche Familie & wurde von ihrer Herrschaft ebenso geschätzt wie ausgenützt & oft genug schikaniert, obwohl od. vielleicht gerade deshalb, weil sie als eine "gute Seele" galt.
Außerdem tauschte sie angeblich mit der Madonna persönlich Kochrezepte aus, was auch im Mittelalter nicht so häufig vorkam & dazu führte, daß sie nach ihrem Tod nicht nur sehr bald als Heilige verehrt sondern auch "richtig" heiliggesprochen wurde.
Und damit begann ihre "Karriere" eigentlich erst:
Nicht nur das liebliche Lucca hatte von da an eine "hausgemachte" Stadtpatronin, der Kult der kleinen Dienstmagd verbreitete sich in Windeseile über halb Europa, bis hinüber ins ferne England. Und es waren vor allem die Frauen, die von der Gestalt des so einfachen Mädchens so fasziniert waren, weil sie sich in ihr wiederfanden: Zita machte ja nur das, was im Grunde alle Frauen machen & wurde dafür heiliggesprochen ... und deswegen konnten Frauen als solche nicht so nutzlos, dumm & minder sein, wie man es ihnen immer wieder gerne weismachen wollte.
Zita selber hat wohl nie gewußt, was sie durch ihr So-Sein bewirkte ... aber das mußte sie auch gar nicht. Allein durch ihre Existenz hat sie vielen Frauen ein neues Selbstverständnis & eine neue Selbstachtung gegeben - und das Gefühl, nicht allein dazustehen.
Und was kann sich eine "Heilige" wohl Besseres wünschen?
KWIECIK VON GLUMBOWITZ, GENANNT KIKA
(Zwergwüchsiger Krüppelnarr, Witzfigur & Historiker; lebte im 13. Jh.)
(Natürlich kein Bild des historischen Kwiecik, über den es kaum Nachrichten & von dem es schon gar keine Bilder gibt, sondern vielmehr eine der Zwergenskulpturen im Schlosspark von Hellbrunn).
In den Berichten über den guten Herzog Heinrich den Bärtigen von Schlesien & seine fromme Frau Hedwig wird, wenn auch sehr am Rande, immer wieder der Hofnarr der beiden erwähnt: es war dies ein verkrüppelter Zwerg namens Kwiecik von Glumbowitz, der nur eine Hand hatte & daher auch "Kika" (=poln. für "Stumpf") genannt wurde. Allein das brauchte seine Herrschaft ganz ungemein zum Lachen, ein unglaubliches Mundwerk soll er aber auch besessen haben.
Nun, das ist eine typische Geschichte aus der gar nicht so guten alten Zeit, in der auch die anständigsten Menschen an äußerst derben & groben, ja fast menschenverachtenden Vergnügungen ihren Spaß haben konnten.
Die Geschichte des verkrüppelten Kwiecik hat aber noch eine andere Dimension:
Nach dem Tod seines Gönners (der Herzog dürfte ihn doch sehr gut behandelt haben) zog er sich in das Kloster Heinrichau zurück, freilich nicht als Mönch, sondern zur Altersversorgung. Und dort unterhielt er nicht nur die Mönche mit seinen Geschichten, er schrieb auch zusammen mit dem Abt eine Geschichte der Dörfer, die zu dem Kloster gehörten. Das wäre auch für einen Historiker der Gegenwart eine bemerkenswerte Leistung - zu seiner Zeit konnten aber noch dazu die wenigsten Leute lesen & schreiben.
Und das wirft ein ganz eigenartiges, berührendes Licht auf die an sich so traurige Figur des kleinen Narren: man sieht in ihm auf einmal den hochintelligenten Menschen, der er war & der in einer harten Zeit vom Leben geschlagen wurde & doch versuchte, das beste aus diesem Leben zu machen ... und der zumindest am Ende seines Lebens um seiner Intelligenz willen geschätzt & um seiner selbst willen gemocht wurde.
Denn sein Abt fügte am Ende des gemeinsamen Geschichtswerkes ein Gebet für die Seele des alten Narren ein, der kurz vor der Vollendung gestorben sein dürfte - und wirft damit ein letztes, freundliches Licht auf das so widersprüchliche Leben seines Freundes.
RICHARD III. KÖNIG VON ENGLAND
(Dramenheld, klassischer Bösewicht & ebenso klassisches Verleumdungsopfer; 2. Okt. 1452 - 22. Aug. 1485).
(Das angeblich authentischste Bild des klassischen Schurken).
Er ist einer von Shakespeares großen Dramenhelden & wohl der größte & faszinerendste Bösewicht, den der Dichter je schuf: Richard, die "Mißgeburt voll Mäler", das Ungeheuer, der Zerstörer der Unschuld. Und Shakespeare hat sich dieses Monster nicht aus den Fingern gesogen, er hat nur die Geschichten, die um den letzten ernstzunehmenden Gegner der Tudor-Könige im Umlauf waren, aufgegriffen und ebenso genial wie eindrucksvoll in Szene gesetzt.
Und zwar so eindrucksvoll, daß man sie lange Zeit nicht hinterfragte - vor allem, weil es aus Richards kurzer Regierungszeit nur sehr wenige authentische Quellen gibt; die Berichte über ihn stammen von seinen Gegnern od. von Nachgeborenen.
Die wenigen zeitgenössischen quellen Zeichnen aber ein ganz anderes Bild: einen mächtigen Adeligen, der bei seinen Untergebenen sehr beliebt ist, einen bedingungslos loyalen Bruder und vor allem einen guten & sehr liebevollen Ehemann & Vater, der über den Tod seiner Frau & seines Sohnes nicht hinwegkommt. Für die Verbrechen aber, die ihm gerade von der Tudor-Dynasie vorgehalten wurden, hätte sein Gegenspieler, der Tudor-König Heinrich VII, bei weitem mehr Veranlassung gehabt als der letzte Plantagenet.
Die Wahrheit über den viel verleumdeten Mann wird man wohl nie mehr völlig rekonstruieren können, es gilt heute aber als erwiesen, daß er bei weitem nicht so "schlecht" war wie die, die ihn später anklagten & verleumdeten. Und gerade seine Geschichte ist ein gutes Beispiel für Geschichte, die von den Siegern geschrieben & zurechtgebogen wird - und auch dafür, daß die historische Wahrheit auch von den Siegern nicht für ewig unterdrückt werden kann.
(Das klassische Bild des "Mannes mir der Pfeife").
Den größten Teil seines Lebens war er ein Mann, der nicht weiter auffiel: zusammen mit seiner Familie, die er heiß liebte, lebte er ruhig & unspektakulär größtenteils in Oxford, wo er an der Universität unterrichtete & auch ein ein guter & recht beliebter Professor war, aber sonst nicht sonderlich auffiel.
Seine unglaubliche Liebe zu obskuren Sprachen war zwar bekannt, ebenso wie die Tatsache, daß er in jüngeren Jahren mal ein sehr ansprechendes Kinderbuch mit dem eigenwilligen Titel "The Hobbit" geschrieben hatte. Daß er aber immer noch in jeder freien Minute schrieb; ja, daß er im Grunde sein ganzes Leben lang geschrieben hatte, wußten nur seine besten Freunde. Und als sein großes Werk, der "Lord of the Rings", endlich herauskam, wußten die wenigsten etwas damit anzufangen.
Die Verwirrung über dieses Werk wich langsam, das Staunen blieb aber - und bleibt im Grunde bis heute. Der sprachverrückte Professor hatte nämlich nicht nur eine spannende Geschichte geschrieben, sondern eine ganze Welt erschaffen, die durch ihren Detailreichtum & ihre innere Glaubwürdigkeit bis heute den Lesern den Atem raubt. Für den frommen Mann (Tolkien war ein strenggläubiger Katholik) war diese seine Welt, die er auch theologisch untermauern konnte, ein Ausdruck seines Glaubens, für seine Fans & Leser sind sie aber bis heute ein Quell des Staunens, der Freude & der Inspiration.
Und mit diesen Büchern hat dieser so unauffällige Mann die Welt auf seine Art verändert: er hat nicht nur eine ganze Literaturgattung (die der Fantasy) mehr od. weniger erfunden, er schenkte dem abgebrühten 20. Jh. Mythen, die tief in unsere Kultur eindrangen - und zeigte damit, welche Kraft in unseren Träumen steckt, & daß jeder einzelne allein mit seiner Phantasie die Welt verändern kann ...
CUTHBERT VON LINDISFARNE
(Einsiedler & Heiler aus Überzeugung, Bischof aus Pflichtbewußtsein; 634 -20.März 687).
(Eine mittelalterliche Darstellung des Heiligen aus der Kathedrale von Durham).
Liest man die mittelalterlichen Heiligenlegenden, so muß er ein recht unangenehmer Zeitgenosse gewesen sein, der gute Cuthbert: nur aus Pflichtbewußtsein zum Bischof geworden, nervten ihn seine Schäfchen gewaltig, weil sie ihm in seiner Askese störten - und wenn ihn die Männer schon störten, so raubten ihm Frauen den letzten Nerv. Sie waren ihm wg. ihrer "Sündhaftigkeit" so zuwider, daß er ihnen in seinen Kirchen verbot, sich dem Hochaltar zu nähern & wg. dieses Verbotes auch die Kathedrale von Durham umbauen ließ.
Nun, das ist so eine typische Heiligenlegende, wie man sie im Mittelalter gern erzählte, um den Leuten Mores zu lehren. Das einzige, was daran stimmt, ist, daß ihr Protagonist wirklich Cuthbert hieß & daß er wirklich aus Pflichtbewußtsein Bischof wurde - selbiges allerdings von Ripon; Durham hat er nie gesehen & noch weniger umgebaut.
Diejenigen, die Cuthbert selber kannten, beschreiben ihn nämlich als einen ganz anderen Mann, als einen stillen, fast etwas schüchternen Einsiedler, der liebend gern in seiner Klause auf der Insel Lindisfarne geblieben wäre, aber die Leute, die ihn zum Bischof wollten, nicht enttäuschen wollte - und obendrein wollte er seine geliebte Insel vor der Zerstörung durch die Pilgerscharen schützen. Gegen Frauen hatte er ebensowenig wie gegen den Rest der Welt, im Gegenteil, als geschickter & beliebter Heiler half er, wie zeitgenössische Quellen betonen, gerade den Frauen sehr viel & war sich nicht zu schade, auch bei den einfachsten Leuten "Hausbesuche" zu machen.
Dieser sanfte, bescheidene Mann, der Gott, die Welt & die Natur liebte, war seinen Nachfolgern wohl nicht mehr "spektakulär" genug - und sie ließen seine freundliche Gestalt daher hinter einer düsteren, aber einprägsamen Legende verschwinden. Umso erfreulicher ist es aber, daß, wenn man diese Legende hinterfragt, hinter ihr so ein liebenswerter Mensch wie der alte Cuthbert auftaucht ...
Auf einer Seite über Heilige & Sünder dürfen natürlich die Borgias nicht fehlen - hier sind sie!
RODRIGO DE BORJA, GENANNT BORGIA; SPÄTER PAPST ALEXANDER VI.
(Geschickter Machtpolitiker, Lebe- und Kirchenmann sowie Familienvater; 1. Jan. 1430 - 18.Aug. 1503).
(Das einzige zeitgenössische Portrait des umstrittenen Papstes, das ihn auf einem Pinturicchio-Freso als frommen Stifter zeigt).
Der Borgia-Papst war ein Mann, der schon zu seinen Lebzeiten die wildesten Phantasien seiner Zeitgenossen anregte, und seine "schwarze Legende" hat bis in die Gegenwart überlebt - wenn einer ein Symbol für die "Abgründe" des Papsttums ist, dann ist es er.
Die zeitgenössischen Quellen überschlagen sich mit Berichten über den kalten Machtmenschen, der sich auch nach seiner Wahl zum Papst offen mit seiner Lebensgefährtin & anderen Mätressen zeigte, der seine Kinder an seinem Hof leben ließ & sie an seinen Orgien teilhaben ließ - und der vielleicht einen Renaissancehof führte, aber sicher nicht den, den man von einem Kirchenfürsten erwarten würde.
Stimmt alles bzw. ist historisch belegt - und kann doch auch ganz anders gesehen werden. Rodrigo Borgia wurde etwa zum Papst gewählt, als er seine Lebensgefährtin & seine Kinder schon hatte, daß er so offen zu ihnen stand, zeugt von einer gewissen Standfestigkeit & von der Liebe zu seiner Familie - er hatte ja auch nie behauptet, immer keusch gelebt zu haben! Auch die Geschichten von den berüchtigten Orgien sind zumindest maßlos übertrieben: jedes Fest wurde von denen, die nicht dabei waren, sofort zu einer Orgie hochstilisiert.
Was keiner je bezweifelt hat, war freilich sein staatsmännisches Geschick, das ihm freilich auch vorgehalten wurde: Päpste hatten in der öffentlichen Meinung nun mal sanfte Dümmel, aber keine vorausschauenden Politiker zu sein. Und was alle gern übersahen, war die Toleranz, die im so verruchten Kirchenstaat herrschte: Papst Alexander verfolgte keinen einzigen seiner Kritiker & die Juden, die es gerade in den geistlichen Gebieten oft sehr schwer hatten, verfolgte er ebensowenig, er gewährten ihnen vielmehr große Freiheiten.
Sicher, er war eher ein Staatsmann als ein Kirchenfürst & hat durch seinen Lebenswandel seinem Amt viel geschadet. Trotzdem ist aber aber nicht nur interessant sondern auch nur fair, auch die positiven Seiten dieses vielgesichtigen Mannes zu sehen.
CESARE BORGIA
(Staatsmann & Lieblingsbösewicht der Renaissancezeit; 13.Sept. 1475 - 12.März 1507).
(Ein zeitgenössisches Portrait, von dem es aber nicht sicher ist, ob es wirklich Cesare Borgia darstellt).
Er war schon zu seinen Lebzeiten seine eigene Legende: Cesare Borgia, der Sohn des Papstes, der außer seinem eigenen Vorteil nichts auf dieser Welt kennt & anerkennt - und der jeden kaltblütig aus dem Weg räumt, der es wagt, ihm entgegenzutreten.
Nun, ganz aus der Luft gegriffen sind diese Anschuldigungen nicht: Cesare war kein Seelchen, & was er für "moralisch" hielt, bestimmte er selber (und das war nicht viel) & verstraut hat er außer seiner Schwester Lucretia fast niemandem. Sich mit ihm anzulegen war sinnlos & ihm in seine politischen Pläne dreinzupfuschen konnte durchaus selbstmörderisch sein: einige ungeklärte Morde an seinen Gegenspielern können nur auf sein Konto gehen, auch wenn es dafür nie Beweise gab.
Ein harter & oft erschreckender Mann in einer harten & oft erschreckenden Zeit - allerdings auch nicht mehr als das. Was bei den genußvoll kolportierten Schreckenberichten über den undurchsichtigen Cesare nämlich fehlt ist der Hinweis, daß er sich nur genauso grausam & rücksichtslos (wenn auch viel intelligenter) verhielt wie ein Großteil der italienischen Fürsten seiner Zeit, die freilich nicht das Glück (od. das Pech) hatten, Söhne eines umstrittenen Mannes zu sein & so in der Öffentlichkeit zu stehen.
Cesare "reinzuwaschen" ist unmöglich & wäre wohl auch nicht in seinem Sinne gewesen - er selber ist meistens zu dem gestanden, was er getan hat. Gerade an ihm sieht man aber sehr deutlich, wie ein "Feindbild" funktioniert: es ist oft denjenigen am ähnlichsten, die es am wütendsten beschimpfen.
(Das Bildnis einer Unbekannten, das schon zu seiner Entstehungszeit als Portrait der schönen Lucretia galt).
Sie stand als Lieblingstochter ihres verrufenen Vaters wie der Rest ihrer Familie im Blickpunkt der Öffentlichkeit, war aber als Frau das angreifbarste Mitglied ihres Clans - und wurde schon zur Zeit der größten Machtentfaltung ihres Vaters auf's Übelste verleumdet.
Ihre Intelligenz & Schönheit wurden ihr ebenso vorgehalten wie die Tatsache, daß ihr sowohl ihr Vater als auch ihr Bruder blind vertrauten & auch vertrauen konnten. Gerade ihr so gutes Verhältnis zu ihrem so unnahbaren Bruder Cesare gab den übelsten Gerüchten Nahrung, obwohl od. vielleicht gerade weil sie der einzige Mensch war, dem gegenüber er auch in der Öffentlichkeit Gefühle zeigte.
Wie Lucretia selber zu diesen Verleumdungen stand, ist nicht bekannt, sie müssen sie aber sehr getroffen haben. Denn trotz aller Rücksichtslosigkeit, die sie von ihren Verwandten erfahren mußte, liebte sie ihre Familie & stand Zeit ihres Lebens treu hinter ihr.
Aber, trotzdem:
Als sie mit dem Herzog von Ferrara verheiratet wurde (trotz ihrer Jugend war das schon ihre dritte Ehe), begann für sie ein neues Leben. Die Papsttochter schien in dem kleinen, abgelegenen Herzogtum durchzuatmen - und endlich sie selber zu werden. Blutige Intrigen gab es auch auf diesem eher unbedeutenden Fürstenhof, aber die schöne, junge Fürstin stand souverän darüber - stets heiter, stets fromm, sehr lebenslustig & & doch eine gute Ehefrau & wahre Landesmutter.
Und sehr offensichtlich war dieses Leben genau das, was sie immer führen wollte. Sie hatte doch endlich ihre Bestimmung & ihren Frieden gefunden.
(Ein Stich nach dem einzigen authentischen Portrait des großen Mannes).
Er hat mit seinen Forschungen die ganze Welt revolutioniert & war dabei doch einer der Stillen, Unauffälligen: seinen Zeitgenossen war der ruhige ermländische Domherr kaum ein Begriff gewesen, obwohl er in seiner Jugend an der Universität von Krakau lehrte & später als Diplomat des Polenkönigs sehr erfolgreich war.
Auch über sein Leben ist wenig bekannt: er soll, trotz seines geistlichen Standes mit einer jungen Verwandten zusammengelebt haben, sicher ist das aber nicht. Und die Frage nach seiner nationalen Herkunft, die Generationen von Forschern auf's wüstete streiten ließ war für ihn selber kein Thema.
Was ihm wichtig war, was sein Werk, das ihn auch weltberühmt machen sollte, allerdings auch erst nach seinem Tod: aufgrund seiner astronomischen Beobachtungen & seiner Berechnungen konnte er beweisen, daß die Sonne, nicht die Erde der Mittelpunkt unseres Teils des Universums ist. Und das ist mehr als nur eine harte Tatsache der Naturwissenschaft: mit dieser Entdeckung endet das Mittelalter, und aus dem Menschen, der bisherigen "Krone der Schöpfung" wird eine Randerscheinung in einem System, das nach ganz anderen Regeln funktioniert.
Ob Kopernikus selber wußte, was er mit seinen Beobachtungen & Berechnungen auslöste bzw. auslösen mußte, ist, wie so vieles über ihn, nicht bekannt. Sicher ist nur, daß er sein großes Werk schlauerweise dem Papst widmete, dadurch also vor den gröbsten Verfolgungen sicher war - und daß er kurz nach der Veröffentlichung dieses Buches starb, still & geheimnisvoll, wie er auch gelebt hat.
KARL II., KÖNIG VON ENGLAND
(Gentleman & klassischer Herrscher des Absolutismus; 29. Mai 1630 - 6.Feb. 1685).
(Eines der zahlreichen heroischen Portraits des Königs).
Er konnte die Herrschaft seiner Familie in England festigen, nachdem dort der Commonwealth dem Land zwar die Demokratie, mit dieser aber eine schlimmere Tyrannei als die eines jeden Königs gebracht hatte. Und auch in seiner Regierung bestätigte sich das Paradox, daß die Herrschaft eines Einzelnen oft toleranter & liberaler sein kann als die von vielen.
Karl war ein guter, vorausschauender König, der seinem von Religionskriegen zerrütteten Land wieder inneren Frieden & außenpolitische Geltung verschaffen konnte ---
--- aber das war nicht alles.
Er hat seinen Engländern wieder zu leben gelehrt: nach all den erbitterten religiösen Querelen gab es in England auf einmal wieder Dinge, an denen man auch Spaß haben konnte: das bislang verpönte Theater blühte wieder auf, die Dichtung dito & in der Architektur endete auch für England das Mittelalter. Und all das, diese ungewohnte Leichtigkeit & Lebenslust war nicht nur für die höheren Schichten reserviert, Karl selber war sehr dahinter, daß sein gesamtes Volk daran teilhaben konnte.
Und er selber war der eifrigste Repräsentant dieses neuen Lebensstils: sein glanzvoller Lebensstil war weithin berühmt & stilbildend, & seine zahlreichen Mätressen waren noch berühmter (selbst der türkische Sultan soll darüber gestaunt haben) - der Mann, der hinter alledem stand, war aber mehr als nur ein hochadeliger Lebemann. Seine Ehrlichkeit in seinem Gefühlsleben, seine absolute Loyalität zu denen, die er wirklich liebte & seine tolerante Lebenseinstellung beeindrucken & berühren bis heute.
Er war der große Gentleman unter den englischen Königen bzw. er hat definiert, was dieser Begriff bedeuten kann. Obendrein hat er der Welt & vor allem seinem Land gezeigt, daß ein guter Witz & ein gutes Leben immer noch wichtiger sind als alle Kriege um das Seelenheil.
(Der Herr der Toskana, hier als Ritter & Schutzherr seines Staates dargestellt).
Er wurde Herzog der Toskana, als die Renaissance ihren Höhepunkt erreicht hatte & von einer Kunstrichtung zu einer Lebensphilosophie geworden war. Und diesen Lebensstil verkörperte der junge Herzog von Anfang an perfekt: er spielte nicht nur den "weisen Landesvater", der seinen Staat, das Leben & die Künste liebt, er war es wirklich.
Seine Hauptstadt Florenz, die schon so viele neue Kunstrichtungen hervorgebracht hatte, daß eine Steigerung kaum mehr möglich schien, wurde unter seiner Herrschaft wiederum zu führenden Kunstmetropole Italiens. Und diese Entwicklung ist größtenteils wirklich auf den Herzog zurückzuführen, der nicht nur die Künste in jeder Art & Weise förderte sondern durch seine kluge, tolerante Regierung auch jene weltoffene Atmosphäre förderte, die Florenz in dieser Zeit so einzigartig in Italien machte.
Gut & schön - weltoffene, kunstbesessene Herrscher gab es in Italien gerade zur Renaissancezeit sehr viele. Aber Herzog Cosimo war mehr als nur das. Er war, wie alle Quellen sehr einhellig & glaubwürdig beteuern, ein feiner, anständiger & vor allem absolut integrer Mann. Und das war bei einem Herrscher schon eher die Ausnahme, nicht nur im Renaissance-Italien.
Das ist es aber auch, was seine Gestalt bis heute so berührend & menschlich erscheinen läßt: man sieht hinter all dem Pomp & den politischen Machenschaften den anständigen Mann, der an der Spitze dieses Staates stand, den klugen Politker, den Unehrlichkeiten aber furchtbar aufregen konnten, den begeisterten Ehemann, der seinen beiden Ehefrauen absolut treu war & der trotzdem einen der heitersten Höfe in Italien hatte. Er war einfach ein Mensch, den man auch heute gerne kennen würde.
Anstand & Lebenslust schließen einander eben nicht aus. Und das ist es wohl, was dieser feine, integre Mann der Welt gezeigt hat.
HEDWIG, GENANNT JADWIGA, KÖNIGIN VON POLEN
(Herrscherin, Politikerin & Idol ihres Landes, später sogar Heilige; 1373 - 17. Juli 1399).
(Eine der zahlreichen modernen Darstellungen der jungen Königin, die nach ihrer Heiligsprechung entstanden sind).
Sie wurde aus politischem Kalkül im Alter von 11 Jahren zum König (nicht zur Königin!) von Polen gewählt & mußte auf ihren Verlobten & Jugendfreund verzichten, um wenige Jahre später Jagiello, den um vieles älteren "wilden" Großfürsten von Litauen zu heiraten, dessen Land durch diese Heirat christianisiert & dem westlichen Kulturkreis eingegliedert wurde.
Und diese Geschichte hat dieser Königin, die obendrein noch sehr jung starb, viel Mitgefühl eingetragen: vor allem die Polen bewunderten ihre Königin, die alles opferte, um so viele Seelen zu retten; viele andere aber bedauerten lauthals die arme, junge Frau, die in so eine "unwürdige" Ehe mit diesem "Wilden" gezwungen worden war. Selbst ihr früher Tod wurde ihrem gebrochenen Herzen zugeschrieben & damit indirekt ihrem Mann in die Schuhe geschoben.
Die Wahrheit sieht, wie so oft, ganz anders aus: in den zeitgenössischen Quellen erscheint Hedwig als eine Frau, die ihre Stellung & ihre Aufgaben sehr ernst nimmt - und die vor allem wirklich in Polen regierte. Ihren Mann hat man als Fremden da nie akzeptiert & der war auch mit seinem Teil des Reiches vollauf beschäftigt; Herrscherin & einzige Autorität in Polen sowie außenpolitische Sprecherin für das ganze Reich war aber Hedwig. Das war ihr Leben, in dem sie aufging, das sie ausfüllte & das sie, wie man aus den Quellen ersieht, auch glücklich & stolz machte - und stolz war sie auch auf ihren Ehemann, der seine Heimat Litauen durch seine Konversion in ihren Augen "rettete".
Denn fromm war sie schon, die junge Königin, aber ihre Frömmigkeit hat etwas Liebenswertes & ist frei von den oft so zwanghaften Zügen des mittelalterlichen Glaubens. Hedwig kümmerte sich sehr viel um das Seelenheil ihrer Untertanen - aber genauso viel um ihr Wohlbefinden; und viele Berichte & Dokumente bezeugen ihre Freundlichkeit & ihre Einfühlsamkeit: sie versuchte, wo sie konnte, für ihre Landeskinder da zu sein & ihre Lebensumstände zu verbessern.
Und als Papst Johannes Paul II seine Landsmännin endlich heiligsprach, bestätigte er damit nur, was die Polen schon seit Jahrunderten wußten: sie war eine der wenigen Königinnen ihres Landes, für die man sich in keinster Weise schämen mußte.